(C) by: Dr. med. A. Römer

Funktionskreise



Die Chinesische Medizin beruht auf dem grundlegenden Konzept der Funktionskreise auch Wandlungsphasen genannt. Sie sind die elementaren Säulen des gesamten medizinischen Systems. So wie ein westlicher Arzt die Struktur und Funktionen der wichtigsten Organe genau kennt, muss der Arzt der Chinesischen Medizin die genaue Kenntnis der Funktionskreise besitzen.

Unter einem Funktionskreis versteht man in der Chinesischen Medizin eine Betrachtungsweise der Organe als funktionelle Einheiten. Diese Einheiten kennen Zuordnungen aus verschiedensten Gebieten (Organe, Körperschichten, Sinnesorgane, äußere und innere krankmachende Faktoren, Farben, Geschmacksrichtungen u.v.m.). Zugeordnet werden jedem Funktionskreis ferner ein Yin- und ein Yang-Organ mit dem dazugehörigen Akupunkturmeridian.

Im Chinesischen wird ein Funktionskreis als Zang bezeichnet, welches auch gleichzeitig der Name für den Begriff Organ darstellt. Dadurch dass die Funktionskreise mit den Namen von Organen bezeichnet wurden, kam es zu Missverständnissen mit dem Organbegriff der westlichen Medizin. Somit hat der Chinesische Organbegriff nichts mit unserem naturwissenschaftlichen Wissen zu tun, vielmehr werden die Namen der chinesischen Funktionskreise etikettenhaft für eine Sammlung von miteinander verbundenen oder aufeinander bezogenen Phänomenen benutzt.

Das Modell der Funktionskreise hat grundlegende Bedeutung für die chinesische Diagnosestellung, bei der Krankheitsvermeidung, Auswahl und die speziellen Anwendungen der Therapierichtungen der Chinesischen Medizin.

Bei der Befragung des Patienten stellen sich oft "Bilder" zusammen, die es erlauben, die Beschwerden eines Patienten einem bestimmten Funktionskreis zuzuordnen.

Wenn man demnach in der Chinesischen Medizin von einem Organ oder Funktionskreis spricht, ist das gesamte Konzept des Funktionskreises gemeint. Demnach bedeutet die Störung eines Organs nicht im westlichen Sinne die Störung der Organfunktion, sondern ein Disharmoniemuster im gesamten Funktionskreiselement mit all den dazugehörigen Gegebenheiten und (Organ-)Funktionen.

Zu näheren Information über die Wandlungsphasen erhalten Sie nachfolgend eine Übersicht zu den Funktionskreisen.

Wasser-Niere

Dem Funktionskreis Wasser werden die Organe Niere und Blase zugeordnet, als Körperschicht die Knochen, als Sinnesorgan die Ohren, als äußerer Faktor die Kälte und als emotionaler Faktor die Angst.

Erweitert wird der Begriff der Niere auf das Urogenitalsystem und somit ist die wesentliche Aufgabe der Niere auch in der Funktion der Geschlechtsorgane und Fortpflanzung zu sehen.

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Die Niere wird als der Speicher der Fortpflanzungsessenz Jing angesehen, mit der es gilt sorgsam umzugehen und das Jing zu schützen.
Es beeinflusst in vielerlei Art und Weise unser Leben, insbesondere die Phasen der Entwicklung, der Pubertät und Fortpflanzung sowie den Eintritt in die Wechseljahre und letztendlich auch den Zeitpunkt des Todes.

Der Funktionskreis der Niere steht für existenzielle, tiefgreifende Dinge in der Chinesischen Medizin. Bei Störungen im Funktionskreis Niere wird man oft auf chronische, langandauernde Beschwerden stoßen.

Störungen und Erkrankungen der Fortpflanzung und der Entwicklung, des Knochenmarkes, der Ohren (z.B. Tinnitus), des Knochenapparates, der Harnwege und der Kontrolle der unteren Körperöffnungen (z.B. kindliches Bettnässen, Inkontinenzbeschwerden, Neigung zu häufigen Aborten) stellen Disharmoniemuster des Funktionskreises der Niere dar.

Holz-Leber

Dem Funktionskreis Holz werden die Organe Leber und Gallenblase zugeordnet, als Körperschicht die aktive Muskulatur, als Sinnesorgan das Auge, als äußerer Faktor der Wind und als emotionaler Faktor der Zorn, die Aggressivität und Anspannung.

Bei Störungen im Funktionskreis Leber wird man oft auf akute, krampfartige Beschwerden wie Kopfschmerzen, Muskel- oder Augenbeschwerden treffen.

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Kopfschmerzen, Muskel- oder Augenbeschwerden treffen.

Die Leber erfüllt aus Sicht der Chinesischen Medizin eine wichtige Funktion bei der Verarbeitung von Emotionen. Funktioniert sie nicht richtig und ist einem eine "Laus über die Leber gelaufen", so ist man angespannt und "sauer", was zugleich auch die Geschmacksrichtung der Leber darstellt.

Oberbauchbeschwerden, Sodbrennen, ein "Kloßgefühl" im Hals, die Blutdruckerhöhung, Blutmangel, Augenprobleme und bestimmte Hauterkrankungen kommen bei einer Störung des Funktionskreises der Leber als Disharmoniestörungen in Betracht.

Viele gynäkologische Beschwerden (z.B. die schmerzhafte Menstruationsblutung) sind aus Sicht der Chinesischen Medizin im Funktionskreis der Leber zu suchen, da die Leber die Menstruation reguliert. Der Funktionskreis der Leber speichert und reguliert das Blut, reguliert die Psyche, kontrolliert die Muskel und Sehnen, öffnet die Augen und sorgt für guten Fluss des Qi und Blutes aus Sicht der Chinesischen Medizin.

Feuer-Herz

Dem Funktionskreis Feuer werden die Organe Herz und der Dünndarm zugeordnet, als Körperschicht die Unterhaut (Subcutis), als Sinnesorgan die Zunge, als äußerer Faktor die Hitze und als emotionaler Faktor die Freude.

In der westlichen Medizin wird dem Herzen die Pumpfunktion für die Blutverteilung zugeschrieben. Demgegenüber kommt es bei Störungen im Funktionskreis des Herzens aus chinesischer Sicht eher zu psychisch-emotionalen Störungen.

Das Herz beherbergt den Geist (Shen). Der Shen steht für Gedächtnis, Intelligenz, das Denken, den Schlaf.

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Demnach bestehen Störungen des Funktionskreises Herz in Gedächtnisstörungen, verzögerten Denkabläufen, Schlaflosigkeit, Unruhezustände, Schläfrigkeit, Angstattacken, Depression, geistiger Ruhelosigkeit.
Die Anwendung des Funktionskreises des Herzens zielt auf psychisch-emotionale Aspekte ab, weniger auf die Behandlung von Herz-Kreislauf- oder Durchblutungsstörungen aus Sicht der westlichen Medizin.

Der Funktionskreis des Herzen beherbergt den Shen, beherrscht das Blut und kontrolliert die Blutgefäße und kontrolliert die Öffnung des Herzen über die Zunge.

Typische Symptome bei Funktionskreisstörungen des Herzen können u.a. auftreten als Müdigkeit, Abgeschlagenheit, Herzklopfen, Herzrhythmusstörungen, Atemnot, Schlaflosigkeit, Gedächtnisstörungen, blasses Gesichtsfarbe und eine blasse Zunge, Fieber am Nachmittag sowie Hitzegefühl an den Handflächen, Fußsohlen und auf der Brust.

Erde-Milz

Dem Funktionskreis Erde werden die Organe Milz-Pankreas und der Magen zugeordnet, als Körperschicht das Bindegewebe, als Sinnesorgan der Mund, als äußerer Faktor die Feuchtigkeit und als emotionaler Faktor die Sorge, das Grübeln und Denken.

Ferner besitzt die Milz eine wesentliche Funktion zur Bereitstellung von Qi aus der Nahrung.

Daher steht der Bereich der Ernährung in einer bedeutsamen und wechselseitigen Beziehung zum Funktionskreis der Milz.

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Bei Störungen im Funktionskreis der Milz kann es zu folgenden Mustern kommen:
- Hämorrhoiden
- Senkungen der Gebärmutter oder anderer Organe
- Bauchwand- und Leistenbrüche
- Wasseransammlungen im Gewebe (Ödeme)
- Neigung zu Durchfällen und breiigem Stuhlgang
- Schwindel
- Blähungen
- nervöser Magen
- genitaler Ausfluss und Myome
sowie Infektneigung durch Schleimbildung der oberen Atemwege und Schwellungen einzelner Körperareale.

Ist die Milzfunktion gestört, kommt es zu Stoffwechselstörungen, unkontrollierter Gewichtszunahme, da die Nahrung nicht richtig aufgearbeitet und verwertet werden kann.

Die Neigung zu Blutergüssen und blauen Flecken, Zyklusstörungen und verstärkte Menstruationsblutungen können auf Störungen des Funktionskreises der Milz hindeuten, da sie aus Sicht der Chinesischen Medizin "das Blut in den Gefäßen hält".

Zusammenfassend ist der Funktionskreis der Milz zuständig für die Verdauung und den Stoffwechsel, die Qi Bereitstellung, bildet und kontrolliert das Blut, kontrolliert das Bindegewebe und die Verteilung von Flüssigkeiten im Körper, öffnet sich in Mund und Lippen.

Metall-Lunge

Dem Funktionskreis Metall werden die Organe Lunge und Dickdarm zugeordnet, als Körperschicht die Haut, als Sinnesorgan die Nase, als äußerer Faktor die Trockenheit und als emotionaler Faktor die Trauer.

Ferner besitzt der Funktionskreis Lunge die wesentliche Funktion in der Kontrolle der Lunge und zur Bereitstellung und Verteilung von Qi aus der Atmung.

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Auch die körpereigene Abwehr wird von der Lunge über eine spezielle Form des Qi, dem Abwehr Qi - Wei Qi - kontrolliert. Ein gutes Wei Qi schützt uns vor äußeren krankmachenden Faktoren.

Auch die Verteilung von Flüssigkeiten an der Körperoberfläche, die Funktion der Poren und das Schwitzen wird nach chinesischer Vorstellung von der Lunge kontrolliert.

Bei einer Störung im Funktionskreis der Lunge kann es zu chronischer Infektanfälligkeit, Immunschwäche, Infekte der Nase-, Nasennebenhöhlen und der Lunge, chron. Husten, Asthma, Allergieneigung, Schweißausbrüchen, übermäßigem Schwitzen, Hautaffektionen - und Erkrankungen, Erkrankungen des Dickdarms sowie zu vermehrt psychischen Reaktionen mit Depressions- und Trauerneigung kommen.

Der Funktionskreis der Lunge ist aus Sicht der Chinesischen Medizin verantwortlich für die Verteilung von Qi im Körper, die Kontrolle der Atmung, die Verteilung der Flüssigkeiten und Kontrolle der Poren an der Körperoberfläche sowie die Kontrolle von Haut, Nase und des Dickdarms.